Stimme der Natur in Wiesbaden – Der Staat zieht auf
Nach Mainz führte Tilo Reise weiter nach Wiesbaden. Wieder steht er vor einer Staatskanzlei – wieder mit seiner Trommel. Doch diesmal ist die Resonanz noch kontrastreicher: Während Passanten zustimmend nicken, rückt die Polizei an. Zwischen Zustimmung, Kontrolle und Faszination zeigt sich, wie unterschiedlich dieselbe Stimme gehört werden kann.
Tilo trommelt vor deutschen Staatskanzleien. Im Auftaktartikel geht es darum, was ihn dabei antreibt: Trommeln für die Erde.
Der Staat zieht auf – von Tilo Hildebrandt
„Hören Sie mal auf zu trommeln!“ – „Nein.“
Polizist: „Doch, ich kontrolliere jetzt Ihre Personalien.“
Die Passanten interessieren sich für die Inhalte, für die Mission und die Absichten. Unter den Bürgern scheint es ein gemeinsames Verständnis zu geben. Passant: „Trommeln Sie lauter, das hören die sonst nicht.“
Passant: „Machen Sie Musik?“ – „Nein. Ich trommle für die Natur. Ich gebe der Natur eine Stimme.“ - „Das ist gut, machen Sie weiter, vielen Dank.“
Polizei: „Wenn Sie nochmal hier trommeln – dann weiß ich nicht, was passiert.“
Ich bin gespannt, aber bevor ich das nächste Mal hingehe, habe ich den Ministerpräsidenten Boris Rhein informiert, dass ich vor seiner Tür getrommelt habe.
Ich habe ihm geschrieben:
"…Mich hat erschreckt, wie die Institutionen sich verteidigen, selbst wenn sie nicht angegriffen werden. Ich bin ein Bürger mit einer Trommel und ich bin allein. Demokratie ist im ursprünglichen Sinn δημοκρατία, die Herrschaft des Volkes. Das Volk bin ich. Warum haben Sie Angst vor mir? Ohne Bürger hat der Ministerpräsident keine Macht – über wen auch?"
Ich halte Euch informiert. Jetzt lasst uns gemeinsam genießen, dass die Stimme der Natur gehört worden ist. Ich bin völlig fasziniert, dass der gleiche Trommelschlag so unterschiedlich wahrgenommen wird – als Weckruf und als Schlachtruf.
Die Natur ist die Basis von Allem.
Reflexion
In Wiesbaden begegnen sich zwei Ebenen unserer Gesellschaft – die Stimme des Volkes und die Stimme des Staates.
Während Bürger:innen neugierig, offen und unterstützend reagieren, treten die Institutionen in Abwehrhaltung. Der gleiche Trommelschlag, der für viele wie ein friedlicher Herzschlag der Erde klingt, wird von anderen als Bedrohung empfunden.
Tilos Trommel offenbart, was Worte oft verschleiern: Wie tief die Trennung zwischen Mensch, Staat und Natur geworden ist. Doch sie zeigt auch, dass das Verständnis in den Menschen selbst längst vorhanden ist – sie spüren, was echt ist.
Wiesbaden erinnert uns daran, dass Demokratie erst lebendig wird, wenn wir uns trauen, hinzuhören, nicht nur zu reagieren.
